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Agilität, Change Management
Fehlerkultur vor Fehlermanagement! Wie Ihr Unternehmen aus Fehlern lernt

Inhaltsverzeichnis


Was bedeutet Fehlerkultur? Was ist Fehlermanagement? Warum ist der konstruktive Umgang mit Fehlern für Ihr Unternehmen enorm wichtig? Wie gelingt es Ihnen eine konstruktive Fehlerkultur zu etablieren? – Die Antworten auf diese Fragen finden Sie in unserem Beitrag.

 

Fehlerkultur vor Fehlermanagement! Wie Ihr Unternehmen aus Fehlern lernt

Wir freuen uns mit diesem Beitrag an der Blogparade #Fehlermanagement in Start-ups und Unternehmen der Wirtschaftshochschule ESCP Berlin und BASIC thinking zum Thema teilnehmen zu dürfen. Danke!

 

Der Umgang mit Fehlern

Wir sind der Meinung, dass der Umgang mit Fehlern grundlegend ist für den Erfolg eines Unternehmens.
Wie wir Ihnen gleich anhand von Studien darlegen werden, ist die Fehlerkultur im deutschen Arbeitsalltag leider noch alles andere als optimal. Was es braucht ist ein Umdenken, ein Wandel in der Fehlerkultur. Das ist eine Sache, die Zeit braucht, doch es lohnt sich diesen Wandel anzugehen. Wir schauen uns die Themenbereiche Fehlerkultur und Fehlermanagement aus allen Perspektiven an und geben Ihnen 9 Praxis Tips wie es Ihnen gelingt, den Umgang mit Fehlern konstruktiv zu gestalten.
Werfen wir nun zunächst einen Blick darauf, wie die Begriffe Fehlerkultur und Fehlermanagement definiert werden, denn gerne werden sie verwechselt.

 

Definition Fehlerkultur

 

Definition

Fehlerkultur und Fehlermanagement – der Unterschied

Obwohl Fehlermanagement und Fehlerkultur oft synonym Verwendung finden, haben sie zweierlei Bedeutung:

 

1. Definition Fehlermanagement

Fehlermanagement ist das Steuern von Handlungen, die im Umgang mit Fehlern ausgeführt werden sollen. Ziele sind die Fehlervermeidung und die Qualitätssicherung.
Oft wird mit systematischen Prozessen und Methoden gearbeitet.
Ein Fehlermanagement Prozess besteht meist aus vier Phasen: dem Entdecken des Fehlers, der Analyse und Diagnose, der Fehlerkompensation und schliesslich der Fehlerkorrektur.

Ein Beispiel ist die systematische Kontrolle einzelner Stücke aus einer größeren Menge, um fehlerhafte Produkte zu vermeiden. Findet sich ein Fehler wird dieser gesucht und behoben, weiterhin die Ursache ermittelt und verhindert, dass der Fehler ein weiteres mal auftritt.

Hier liegt oft eine Fehlervermeidungskultur zugrunde.

 

2. Definition Fehlerkultur

Der Begriff Fehlerkultur beschreibt den Umgang mit Fehlern und Misserfolgen innerhalb eines Unternehmens (oder einer anderen Gruppe Menschen).
Die Fehlerkultur lässt sich mit folgenden Fragen umreissen:
Welche Reaktionen gibt es auf Fehler? Werden Fehler aus Sorge vor negativen Folgen eher vertuscht oder werden sie offen besprochen? Werden Fehler bestraft oder gemeinsam konstruktiv verwertet? Akzeptiert man Fehlerrisiken, weil die Methode „try and error“ der Weiterentwicklung dient? Oder ist es tabu sichere Wege zu verlassen?

Es gibt kritische Fehlerkulturen, die Fehler sanktionieren, im Gegensatz zu konstruktiven Fehlerkulturen, die Fehler akzeptieren und zur Weiterentwicklung nutzen.

„Zeigen Sie mir jemanden, der noch keinen Fehler gemacht hat, und ich zeige Ihnen einen Menschen, der noch nie etwas geleistet hat.“

Theodore Roosevelt

 

Fehlerkultur vor Fehlermanagement

Wenn wir hier den Umgang mit Fehlern behandeln, dann im Sinne der Fehlerkultur und nicht im Sinne der oben genannten Definition von Fehlermanagement. Unser Ziel ist es das Verhalten, die Strukturen, die Symbole und die Kommunikation zu besprechen, die nötig sind, damit im Unternehmen eine Kultur herrschen kann, die konstruktiv mit Fehlern umgeht.
Fehlerkultur ist eine Atmosphäre, eine Qualität im Unternehmen, die die Kultur des Miteinanders beschreibt. Und darum soll es uns hier gehen.

In der heutigen Zeit ist es existentiell entscheidend, dass Unternehmen Veränderungen initiieren, Innovationen anstoßen, ihre Mitarbeiter dazu einladen Dinge neu und anders zu tun. Wichtig dafür ist der Umgang mit Scheitern, denn wer viel Neues wagt, wird auch viel tun, was nicht erfolgreich ist. Wenn – wie im Fehlermanagement – Handlungen nur nach „richtig“ und „falsch“ bewertet werden, und Mitarbeiter bei Misserfolgen mit negativen Konsequenzen zu rechnen haben, werden sich Menschen zurück halten und wenig Mut entwickeln einfach mal etwas auszuprobieren.
Das soll nicht heißen, dass Fehlermanagement nicht ebenso seine Berechtigung hat. In einer Produktion, bei der das Produkt eine Null-Fehler-Toleranz hat, braucht es natürlich diese Qualitätssicherung. Doch Fehlervermeidungskultur ist nicht der Fokus unseres Artikels.

 

Fehlerkultur Im Alltag

 

Fehlerkultur im Alltag

Eine leider wahre Geschichte…

Wiebke, Teilnehmerin eines unserer Trainings berichtet: Über Wochen hat Wiebke daran gearbeitet ein Projekt-Team von 30 Leuten zusammenzustellen. Um die geeigneten Personen ausfindig zu machen, hat sie mit unglaublich vielen Leuten im ganzen Unternehmen gesprochen. Eine große Sache steht an – und das mit viel Zeitdruck! Dafür gibt Wiebke alles – sie arbeitet abends, am Wochenende und sogar im Urlaub, damit sie in time eine wirklich gute Auswahl von Menschen zusammen kriegt. Und ihr Einsatz lohnt sich: Sie schafft es pünktlich allen Ausgewählten eine Einladung zu schicken.

Der Fehler..

Nach all dem Zeitdruck, dem Stress, den Verzicht auf Privatleben unterläuft Wiebke dabei ein einziger, kleiner Fehler: In einer der Einladungen schreibt sie den Namen Stephan versehentlich mit einem f.
„Ja und?“ denken Sie – „ist doch nicht schlimm“? Ja, das denken Sie!
Das sieht Geschäftsführer Walter aber komplett anders: in einer wenig wertschätzenden E-Mail gibt er seinen enttäuschten Gefühlen über diesen Fehler freien Lauf: „Wie kann Ihnen das passieren? Ich muss mir wirklich überlegen, ob Sie die Richtige für den Job sind. Das ist so peinlich! Sie werden sich bei Stephan entschuldigen!“

Mehr hat Walter zu Wiebkes Projekt nicht zu sagen. Weder kommentiert er Wiebkes außerordentlichen Einsatz, noch bemerkt er, dass sie eine gute Auswahl an Leuten getroffen hat, was andere im Unternehmen durchaus lobend zur Sprache bringen. Nicht aber Walter. Kein „Toll, dass Sie das geschafft haben“, sondern nur die abwertende E-Mail.

Die Folgen..

Wiebke ist deprimiert und zwar gründlich. All der Aufwand, der eingeschränkte Urlaub – und dann ein solcher Tritt in den Hintern. Es ist nicht das erste Mal, dass im Unternehmen auf diese Art kommuniziert wird. Walters Reaktion bringt das Fass zum Überlaufen: Wiebke kündigt.
Walter ist es damit versehentlich gelungen eine seiner engagiertesten Mitarbeiterinnen aus dem Unternehmen zu graulen. – Und das alles nur wegen eines Rechtschreibfehlers.

 

Angst Vor Fehlern

 

Reaktionen auf schlechte Fehlerkultur

Wenn die Reaktion auf ein Fehlerchen solcherlei Ausmaße annehmen kann, was würden Sie dann tun? In Deckung gehen, oder?
Normalerweise neigen Mitarbeiter dazu, sich ausgesprochen vorsichtig zu verhalten und um jeden Preis zu vermeiden, dass Fehler ans Tageslicht kommen. Dabei bedienen sie sich bewährter Strategien:

  • Niemals etwas anders tun als bisher; da weiß man ja, dass es läuft.
  • Möglichst wenig tun, dann kann auch nur wenig schief gehen.
  • Sich vor jedem Schritt bei ein, zwei Vorgesetzten absichern.
  • Entstandene Fehler vertuschen.
  • Und Fehler von anderen auch lieber decken: es gäbe sonst womöglich einfach nur Ärger.

 

 

„Den größten Fehler, den man im Leben machen kann, ist, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen.“
Dietrich Bonhoeffer

 

Lieber nichts verkehrt machen..

So läuft es auch bei Wiebkes ehemaligem Arbeitgeber: Niemand traut sich, etwas zu gestalten, neue Ideen sind völlig ausgeschlossen, die Mitarbeiter vermeiden alles, was ein Risiko birgt und machen nur das, was seit Jahren safe läuft.
Wenn dennoch etwas Unvermeidliches anliegt, dann sichern sich die Mitarbeiter gleich mehrfach nach oben hin ab, lassen aber zuvor – sicherheitshalber – noch ein paar Kollegen drüber schauen. Man weiß ja nie… Regelmäßig bilden sich Gesprächs-Grüppchen in den Büros, die leise darüber fachsimpeln wie Geschäftsführer Walter eine Anweisung wohl gemeint haben könnte. Dadurch – also durch Walters expressive Fehlerintoleranz – geht dem Unternehmen viel Zeit und Effizienz verloren; von Innovationskraft gar nicht zu reden.

 

Wie Wird Fehlerkultur Heute Gelebt

 

Wie wird Fehlerkultur heute gelebt? Fakten aus 5 Studien

Wir sind uns sicher, dass Ihnen irgendwo im Leben auch schon mal ein Walter begegnet ist. Zumindest sagen Studien aus, dass es mit der Fehlerkultur in Deutschland noch nicht so weit her ist. Schauen wir einmal, was die Wissenschaft dazu sagt. Informationen und Links zu den im folgenden genannten Studien finden Sie übrigens am Ende unseres Beitrages.

 

Fehlerkultur im internationalen Vergleich

Der Wirtschaftspsychologe und Fehlerforscher Prof. Michael Frese von der Leuphana Universität Lüneburg hat in seiner Studie die Fehlerkultur in 61 Ländern verglichen.
Na – was denken Sie – auf welchem Platz rangiert Deutschland?
– Deutschland belegt in Sachen Toleranz für Fehler Platz 60. Von 61.
Nur in Singapur, wo kleine Fehltritte mit hohen Geldstrafen oder – man halte sich fest – mit dem Rohrstock bestraft werden, möchte man Fehler noch weniger tolerieren als bei uns. Sie sehen – es gibt noch ein bißchen was zu tun: Platz 60!

 

Offene Diskussionskultur

Über Fehler sollte man reden können. Und laut Nelson Taapken, Partner der Beratungsgesellschaft EY (zuvor: Ernst & Young) sind 74% der deutschen Führungskräfte durchaus der Meinung in ihrem Unternehmen gäbe es eine Diskussionskultur in der man offen miteinander sprechen könne. Soweit die guten Nachrichten. Die schlechten: die Mitarbeiter sehen das leider anders – nur 39% haben den Eindruck im Unternehmen frei sprechen zu können.
Interessant ist hier: In Teams wird durchaus über Fehler gesprochen, jedoch „gibt es nach oben und unten deutliche Tabus und Kommunikationsbarrieren“ so Taapken. Das Team weiß bescheid, doch der Chef ahnt nichts – oder auch umgekehrt. Eine offene Diskussionskultur sieht anders aus.

 

Kritische Fehlerkultur: Die Angst vor Fehlern

Kennen Sie das? Es ist etwas schief gelaufen in Ihrem Unternehmen. Der Verantwortliche wird gesucht und jeder erklärt aufgeregt, warum er oder sie den Fehler auf keinen Fall verursacht haben kann. Das scheint weitaus wichtiger zu sein als das Problem selbst zu lösen:
In seiner überaus vergnüglichen Rede zum Thema Fehler bittet Peter Brandl seine Zuhörer sich vorzustellen, sie säßen im Flugzeug und bekämen vom Kapitän folgende Ansage: „Sehr geehrte Fluggäste, leider brennen unsere Triebwerke. Ich darf Ihnen versichern, dass ich nicht schuld bin.“ Sie sehen – die Angst der „Schuldige“ zu sein bringt niemanden weiter.

 

 

Warum Angst vor Fehlern?

Warum ist die Angst davor einen Fehler zu machen bei uns so groß? Es braucht keiner zu fürchten, dass die Herzkönigin aus Alice im Wunderland einen Fehler mit einem „Ab mit dem Kopf!“ quittiert. Welche Folgen befürchten Mitarbeiter und Führungskräfte eigentlich?

Studie „So arbeitet Deutschland“

In der Studie „So arbeitet Deutschland“ wurden 1243 Berufstätige (81 % Angestellte, 19 % Freiberufler) befragt, welche Konsequenzen sie bei Misserfolgen befürchten.

  • 49% fürchten den Verlust von Anerkennung
  • 42% fürchten, dass ihr Misserfolg negativ kommuniziert werden könnte
  • 41% glauben, dass Scheitern ihre Karriere hemmen könnte

 

„In Fehler führt uns die Flucht vor Fehlern.“
Horaz

 

Studie Nelson Taapken/ EY

Nelson Taapken befragte 800 Angestellte und 218 Führungskräfte.
Die Führungskräfte verheimlichen Fehler, denn sie befürchten

  • 43% Karrierenachteile
  • 36% Jobverlust
  • 29% Gehaltseinbußen

Die Mitarbeiter hingegen behalten Fehler lieber für sich, aus Angst vor

  • 36% Gesichtsverlust
  • 29% Jobverlust
  • 26% Karrierenachteilen

 

Whistleblower

Sie haben sich sicher auch schon gefragt, wie es kommt, dass ganz große Fehler, also unethisches Verhalten oder Gesetzesverstöße, wie zum Beispiel bei VW oder in Sachen #metoo nicht gemeldet, sondern verschwiegen und damit kollektiv gebilligt werden.
Die EY Studie liefert hier Antworten: 44 % der Führungskräfte und 57% Mitarbeiter befürchten als Überbringer schlechter Nachrichten als Bauernopfer zu enden. – Also doch „Ab mit dem Kopf“?

 

Folgen Negativer Fehlerkultur

 

Die Folgen einer negativen Fehlerkultur

Herrscht in einem Unternehmen eine niedrige Fehlertoleranz, so wirkt sich das für das Unternehmen negativ aus:

 

Kritische Fehlerkultur und Mitarbeiter

In der EY Studie wurden Mitarbeiter befragt, was für sie die vordringlichste Folge einer schlechten Fehlerkultur ist: 57% benennen Demotivation als Haupt-Konsequenz. Und demotivierte Mitarbeiter kann sich kein Unternehmen leisten.
Der volkswirtschaftliche Schaden für Demotivation und innere Kündigung beläuft sich Gallup zufolge bei 103 Milliarden Euro!

Laut Gallup Engagement Index 2018 fühlen sich 69% der Beschäftigten mit ihrem Unternehmen emotional nicht verbunden. Die Gründe: mangelhafte Kommunikation seitens der Führung, sowie eine negative Fehlerkultur. Letztere scheint häufig vorzukommen: mit der in ihrem Unternehmen gelebten Art der Fehlerkultur sind nur 20 % der Mitarbeiter zufrieden.

 

Führungskräfte und Fehlerkultur

Nicht nur die demotivierten Mitarbeiter, die innerlich oder äußerlich kündigen, stellen ein großes Problem für Unternehmen dar; die Auswirkungen einer kritischen Fehlerkultur auf Führungskräfte schaden Unternehmen ebenfalls:

 

Studie des Max-Planck-Instituts

Haben Führungskräfte den Eindruck, dass mögliche Fehler ihnen schaden könnten, so treffen sie häufig defensive Entscheidungen. Das sind Entscheidungen, die nicht im Sinne der Organisation getroffen werden, sondern die möglichen Schaden von der Führungskraft abwenden sollen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass negative Ergebnisse vertuscht oder schön geredet werden mit der Konsequenz, dass nicht die beste Lösung gesucht wird sondern eine, bei der der Stress vermieden wird.
Diesen Zusammenhang zwischen Fehlerkultur und der Häufigkeit defensiver Entscheidungen wies das Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in ihrer Studie „Frequency and causes of defensive decisions in public administration“ nach.

77% der Führungskräftegaben im Rahmen der EY Studie an, dass ihnen Fehler unterlaufen sind, die Unternehmen, Abteilung oder Projekten geschadet haben. Fehler sind also normal. – Entscheidend ist wie Sie damit umgehen!

 

Weg Zu Konstruktiver Fehlerkultur

 

Auf dem Weg zu einer konstruktiven Fehlerkultur: Wo stehen wir heute? Die Fakten

Sie ahnen es schon: Wenn Deutschland in Sachen Fehlertoleranz den vorletzten Platz belegt, sieht es – noch – nicht rosig aus. Dabei wünschen sich die meisten Berufstätigen mehr Fehlertoleranz. Die bereits erwähnte „So arbeitet Deutschland-Trendstudie“ ergab, dass die Mitarbeitenden mehr als aufgeschlossen sind:

  • 86% wünschen sich eine positive Fehlerkultur!
  • 66% möchten Fehler und Scheitern zur Weiterentwicklung nutzen,
  • 63% wünschen sich einen offenen Umgang mit Fehlern, das heißt dass
    erstens auch Führungskräfte Fehler einräumen – und dass
    zweitens nach Misserfolgen Motivation folgt statt Sanktion.

 

Was konkret machen Unternehmen um eine konstruktive Fehlerkultur zu etablieren?

Die Zeichen seitens der Mitarbeiter stehen also gut: Motivation ist reichlich vorhanden.
Aber gibt es seitens der Unternehmen auch konkrete Ansätze einen positiveren Umgang mit Misserfolgen zu fördern? Nein, sagen 49% der Mitarbeiter in der EY Studie. Die Führungskräfte sehen das deutlich optimistischer: lediglich 17% der Führungskräfte haben den Eindruck, dass diesbezüglich nichts passiert.
Generell scheint hier die Wahrnehmung weit auseinander zu klaffen:

 

Wahrnehmung von Maßnahmen zur verbesserten Fehlerkultur

  • Gibt es im Unternehmen die Möglichkeit anonym über Fehler zu berichten?
    36% der Führungskräfte sagen ja, aber nur 11 % der Mitarbeiter sehen das auch so.
  • Sind agile Methoden wie Scrum und Design Thinking, die konstruktiv mit Fehlern umgehen im Unternehmen bekannt?
    17% der Führungskräfte sind damit vertraut, aber nur halb soviele Mitarbeiter (9%).
  • Gibt es im Unternehmen Innovationsprogramme, die zum Ausprobieren einladen?
    14% der Führungskräfte stimmen zu, aber nur 6% der Mitarbeiter.

Viel scheint in deutschen Unternehmen bezüglich Fehlerkultur nicht zu passieren. Sie sehen – hier ist noch viel Luft nach oben.

 

Fazit Aus Studien

 

Fazit aus den 5 Studien zur Fehlerkultur

Führungskräfte sehen oft deutlich weniger Handlungsbedarf als ihre Mitarbeiter. Doch auf die Wahrnehmung der Mitarbeiter kommt es an. Seien Sie also kritisch bei der Bewertung der Fehlerkultur Ihres Unternehmens!
Bei den Mitarbeitern rennt man mit einer positiven Fehlerkultur offene Türen ein. Die Führungskräfte sind nun gefragt, diese – auch für sie und das Unternehmen – überaus förderliche Kultur ins Leben zu rufen.
Wir zeigen Ihnen später in unserem Beitrag, welche konkreten Schritte Sie gehen können.

Eine konstruktive Fehlerkultur – warum brauchen Sie das?

Schon immer wurden in Unternehmen Fehler gemacht – und damit mehr oder weniger gut umgegangen. Warum also soll Fehlerkultur jetzt plötzlich eine besondere Bedeutung haben? Warum wird heute häufiger als früher der konstruktive Umgang mit Fehlern besprochen? Wäre es nicht gut, Fehler einfach auszumerzen – einfach immer fehlerfrei zu arbeiten?

Unsere bestehende Fehlerkultur

Wir kommen aus einer Kultur, die Taylor geprägt hat: als er vor über 100 Jahren Arbeitsabläufe optimierte, um das Fliessband-Verfahren zu entwickeln, ging es ihm darum Fehler zu eliminieren. Die Arbeitenden waren angehalten nicht weiter nachzudenken, sondern den von oben genau vorgeschriebenen „One best way“ zu befolgen. Keine Experimente! Diese Art zu arbeiten hat sich in unserer Gesellschaft festgesetzt. Natürlich spielt auch die deutsche Kultur eine Rolle, die 100% Perfektion und Regeln schätzt.

Die Notwendigkeit Fehler zu minimieren

Nun ist es ja auch nicht so, dass Fehler per se etwas Tolles sind: sie produzieren Kosten und wenn es hart auf hart kommt richten sie großen Schaden an.
Die Pharmabranche kann es sich nicht leisten, fehlerhafte Medikamente auf den Markt zu bringen. Das wäre nicht nur sehr schlecht fürs Image – das wäre gesundheitsschädlich für die Patienten. Und auch die Autoindustrie würde mit einem fehlerhaften Bremssystem lebensgefährliche Produkte herausbringen.
In solchen Branchen ist es wichtig, dass Fehler gemacht werden, BEVOR das Produkt raus geht; dass es zuvor Tests und Eperimente gibt – die natürlich auch schief gehen dürfen. Und dass ein gutes Fehlermanagement das Auftauchen von womöglich lebensgefährlichen Fehlern frühzeitig bemerkt und verhindert.

 

Warum Konstruktive Fehlerkultur Heute Wichtig Ist

 

Warum eine konstruktive Fehlerkultur heute besonders wichtig ist..

Wieso also wird heute eine positive Fehlerkultur immer wichtiger?

In vielen Unternehmen gibt es immer mehr Bestrebungen eine Kultur zu etablieren in der mit Fehlern konstruktiv umgegangen wird; eine Kultur in der das Ausprobieren höher geschätzt wird als dass alles perfekt läuft. Das hat seinen Grund.
Wir haben schon häufig über das Phänomen VUCA geschrieben. Das Akronym VUCA (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) beschreibt unsere sich immer schneller verändernde Welt: Kundenwünsche ändern sich rasant, technische Neuerungen kommen in immer kürzeren Abständen auf den Markt – kurz: immer häufiger passiert Unvorhergesehenes, auf das Unternehmen schnell reagieren müssen. Es ist nicht abzusehen, ob das was ein Unternehmen heute tut, morgen noch zu den Anforderungen der Umwelt passt.

Insofern hat es wenig Sinn einen Businessplan zu erstellen, der bis ins kleinste Detail ausgetüftelt ist und an den sich jeder halten muss. Vielmehr ist zu erwarten, dass ein solcher Plan nicht jahrelang seine Gültigkeit behält, sondern dass sich immer wieder Veränderungen ergeben. Wollen Sie wettbewerbsfähig bleiben, brauchen Sie eine Herangehensweise, die es Ihnen erlaubt sich schnell anzupassen, statt auf Gedeih und Verderb den erdachten Plan umzusetzen. Denn letzteres könnte bei veränderten Vorzeichen zum Scheitern führen und eine Menge Geld kosten…

 

Mitarbeiter

 

Die besondere Rolle der Mitarbeiter

Wer bekommt wechselnde Kundenwünsche oder Veränderungen des Marktes zuerst mit? – Ihre Mitarbeiter natürlich! Wenn diese Veränderungen mitkriegen und darauf reagieren, verlassen sie automatisch den vorgegeben Plan. Und deshalb sollten sie wissen, dass das gestattet, ja sogar erwünscht ist. – Auch wenn das Verlassen der bekannten Wege das Risiko birgt Fehler zu machen.

 

„Deine unzufriedenen Kunden sind die, von denen du am meisten lernen kannst.“
Bill Gates

 

Fehlerfreundliches Arbeiten

Die Welt, die uns umgibt, macht es notwendig, dass wir fehlerfreundlich arbeiten. Was soll fehlerfreundlich heißen?
In erster Linie, dass es o. k. ist, wenn einmal etwas schief geht. Es heißt auch, dass ausprobieren und experimentieren explizit gestattet sind – und dass es selbstverständlich in Ordnung ist, wenn nicht jedes Experiment erfolgreich ist, wenn also Misserfolge geschehen. Fehlerfreundliches Arbeiten ist das Gegenteil einer Fehlervermeidungskultur.
Was nicht o. k. ist ist, dass der Ruf des Unternehmens geschädigt wird – oder noch schlimmer, dass Gesundheit und Wohlergehen ihrer Kunden in Gefahr sind.

Was sagen Studien?

Dass es mittlerweile notwendig ist, neue Wege zu gehen und dass dadurch die Wahrscheinlichkeit steigt, Fehler zu machen ist Führungskräften und Mitarbeitern gleichermaßen klar: 85 % der Führungskräfte und 80 % der Mitarbeiter sehen Veränderung laut EY Studie als notwenig an.
Wunderbar wenn diese Einsicht bereits vorherrscht, denn das erleichtert das Implementieren einer konstruktiven Fehlerkultur enorm.

 

Agiles Arbeiten

 

Agiles Arbeiten: Fehlschläge und Veränderung nutzen

Viele Unternehmen reagieren auf die VUCA-Welt mit agilem Arbeiten: Durch die Anwendung agiler Methoden gelingt ihnen maximale Anpassungsfähigkeit.
Was heißt das im Detail?
Auch wenn wir nicht wissen, wie die Welt sich entwickelt und wie Markt und Kunde reagieren und deshalb nicht sicher planen können, müssen wir sicherstellen, dass wir trotzdem handlungsfähig und innovativ bleiben.

Iteratives Vorgehen

Im agilen Arbeiten heißt das Veränderungen schon in einen Prozess einzubeziehen, bevor sie überhaupt geschehen sind. Also den Prozess so zu gestalten, dass man ihn jederzeit an Veränderungen anpassen kann. Dabei hilft es in Iterationen zu arbeiten. Hier planen Sie nur die nächsten vier Wochen (oder einen anderen kurzen Zeitraum). Danach betrachten Sie, was sich in der Welt verändert hat und auch wie der Kunde oder User auf das Produkt, die Lösung reagiert, die Sie in den letzten vier Wochen erarbeitet haben.
Haben Sie alle Ergebnisse beisammen, dann wird von diesem Ausgangspunkt der nächste Zeit-Abschnitt geplant. Dies ist iteratives (schrittchenweises, wiederholendes) Vorgehen.

Iteratives Vorgehen kann auch heißen: Sie experimentieren, probieren etwas aus und holen sich dann zeitnah von den Steakholdern, Kunden, Ansprechpartnern ein Feedback ein. Daraus leiten Sie ab, wie Sie weiter verfahren: Ob Ihre Idee weiterentwickelt und angepasst wird, so dass sie für den Kunden attraktiv wird – oder ob die Idee nicht funktioniert und ad acta gelegt werden kann.

 

Prototyp

 

Prototypen und Minimum-Viable-Product

Eine weitere agile Herangehensweise ist es, eine Idee, Dienstleistung oder ein Produkt minimalistisch auf den Markt zu bringen, um zu erfahren, ob es seitens des Kunden angenommen wird. Hier empfiehlt sich zunächst einen Prototypen raus zu bringen, das heißt ein Produkt oder eine Dienstleistung, die im Großen und Ganzen funktioniert, aber nicht bis ins Detail ausgearbeitet ist. Ein solcher Prototyp sollte niedrigpreisig und ohne allzu viel Aufwand entwickelt werden, so bleibt das Risiko gering. Man nennt dieses Grundgerüst eines Produktes auch Minimum-Viable-Product (MVP): Der Kunde sieht, wie das Produkt funktioniert, Einzelheiten kommen später. In der Software Entwicklung wird dieses Verfahren sehr häufig benutzt: Ein Programm oder eine App wird herausgebracht und durch das Feedback der Kunden mit jedem Update verbessert.

Varianten sind auch, ein Produkt erstmal nur im Netz anzupreisen und erst herzustellen, wenn es eine Nachfrage dazu gibt. Oder ein Produkt nur in einem kleinen Markt zu launchen und erst dann auf den großen Markt zu gehen, wenn im kleinen Erfolge erzielt wurden.

Das Entscheidende an dieser Verfahrensweise: Nutzen Sie die Erkenntnisse, die Sie durch das Verhalten oder das Feedback der Kunden gewinnen!

 

„Ein Mensch würde nie dazu kommen, etwas zu tun, wenn er stets warten würde, bis er es so gut kann, dass niemand mehr einen Fehler entdecken könnte.“
John Henry Newman

 

Trial and Error

Das englische Wort Fail oder Failure – im Sinne von Scheitern oder Fehlschlag passt hier besser als das deutsche Wort Fehler: Sie haben etwas ausprobiert und es hat entweder nicht geklappt – oder muss verbessert werden. Das Ergebnis können Sie vorher nicht wissen. Versuch macht klug.
Sicher – es braucht Mut so vorzugehen, doch ist das letztlich lebensnotwendig für Unternehmen, um wettbewerbsfähig und innovativ zu bleiben. Die Grundlage für diesen Mut ist eine probierfreundliche Kultur; also eine Fehlerkultur, die positiv darauf reagiert, wenn jemand etwas ausprobiert und die die Fails konstruktiv einzuordnen weiß.

Bedeutung Positiver Fehlerkultur

 

Die Bedeutung einer konstruktiven Fehlerkultur

Reaktion auf Fehler

Wie würde denn eine konstruktive Fehlerkultur auf einen Fail, auf einen gescheiterten Versuch reagieren?
Mitarbeiter Jürgen stellt fest, dass in seinem Bereich etwas nicht ganz rund läuft. Jürgen hat eine Idee, was helfen könnte. Er probiert sie aus, doch leider funktioniert es nicht so, wie er gehofft hat.
Sie als Jürgens Führungskraft haben zwei Möglichkeiten zu reagieren:

  1. „Wie konnten Sie das Geld verbrennen?! Das wird Sie teuer zu stehen kommen! Wir betrauen Sie in Zukunft nicht mehr mit solchen Aufgaben! Haben Sie nicht richtig nachgedacht? Haben Sie nicht gründlich geplant? Das kann ja nicht wahr sein!“
  2. „Super Jürgen, cool, du hast den Mut gehabt und den Aufwand riskiert und hast dich eingesetzt dafür, Innovation voranzutreiben. Saustark! Das brauchen wir! So jemanden wie dich, ganz große Klasse! Okay, hat jetzt nicht funktioniert, aber mach weiter so und probiere noch Weiteres aus.“

Na, welche Reaktion lädt Sie eher zu Innovation, Mut und Gestaltungsfreude ein?

 

„Suche nicht nach Fehlern, suche nach Lösungen.“
Henry Ford

 

Die 9er-Regel

Im kreativen Bereich gibt es die so genannte 9er-Regel. Diese besagt, dass neun von zehn Ideen nicht gut sind und dass man nur eine von zehn Ideen gebrauchen kann. Deshalb werden im kreativen Prozessen in Brainstormings unglaublich viele Ideen produziert. Es ist klar, dass nur 10 % der Ideen von Wert sind, dass man an diese aber nicht herankommt, wenn man die anderen 90 % zurück hält.
Ähnliches berichten die Samwer Brüder von Rocket Internet: „Wir gründen 10 Startups und 9 davon floppen, aber das eine, das gelingt bringt viel mehr, als wir an Kosten für die anderen 9 zusammen hatten. Und hätten wir nicht 10 ausprobiert, hätten wir dieses eine wahrscheinlich auch nicht ins Leben gerufen.“

Die Message ist klar: wir werden nicht innovativ sein, wenn wir nicht den Mut haben, Dinge auszuprobieren und zu scheitern. Das heißt, wir brauchen eine Kultur, die genau das feiert: Fehlversuche und Scheitern.

 

Etablierte Unternehmen Versus Start Ups

 

Fehlerkultur: Etablierte Unternehmen versus Startups

Etablierte Unternehmen

Oft heißt es, dass etablierte Unternehmen deutlich mehr Probleme damit haben, eine seit Jahren bestehende kritische Fehlerkultur in einen positiven Umgang mit Fehlern umzuwandeln. Da ist durchaus was dran. Manche Unternehmen gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. Und in früheren Zeiten, in denen Veränderungen noch nicht an der Tagesordnung waren, hat es sich bezahlt gemacht Prozesse zu entwickeln, die auf 100% Fehlersicherheit ausgerichtet waren. Je gründlicher das Management plante, desto weniger Probleme gab es im Nachhinein. Hatte man einen Prozess gut aufgesetzt, dann konnte man oft jahrelang einfach Gewinne abschöpfen.
Mittlerweile hat sich die Welt allerdings verändert. Jedes Jahr kommen neue, kleine Lösungen auf den Markt. Bestehen etablierte Unternehmen weiterhin auf 100-prozentige Fehlersicherheit, so werden sie in der heutigen, schnelllebigen Welt nicht hinterher kommen.

Startups

Weiter heißt es, das Startups per se fehlerfreundlicher sein. Das mag für einige Startups zutreffen, im Großen und Ganzen ist das aber so nicht richtig. Startups entstehen meist rund um einen oder mehrere Gründer. Von deren Umgang mit Fehlern und Misserfolgen hängt es letztlich ab, wie sich die Fehlerkultur im neuen Unternehmen entwickelt. Wir haben es schon besprochen: Fehlerkultur wird von der Führung vorgelebt. Ist der Gründer offen für Neues und für Vorschläge von anderen, so hat eine positive Fehlerkultur gute Chancen. Es gibt aber auch Gründer, die darauf bestehen, dass ihre eigenen Ideen genau so umgesetzt werden, denen es nicht gefällt, wenn andere ihre Idee verändern wollen und die nicht darauf vertrauen, dass Mitarbeiter die Dinge auf ihre eigene Art ebenfalls gut stemmen. Hier ist nicht zu erwarten, dass die Fehlerkultur sich sonderlich konstruktiv entwickeln wird.

Fazit

Fehlerkultur ist letztlich ein Thema, dass alle angeht! Jeder muss sich an seine eigene Nase fassen. Natürlich ist es leichter, in einem Startup die Kultur zu verändern. Das liegt daran, dass das Unternehmen am Anfang meist erst einmal klein ist und das Kulturen noch nicht so stark etabliert sind, wie bei einem großen Unternehmen, dass bereits seit 100 Jahren eine bestimmte Art von Fehlerkultur lebt.

 

Wie Sie Konstruktive Fehlerkultur Etablieren

 

Wie Sie eine konstruktive Fehlerkultur etablieren? Tipps für die Praxis

Kulturwandel und der Faktor Zeit

Vorab: Bevor wir Ihnen hier zeigen wie Sie Ihre Fehlerkultur verändern können, möchten wir Sie darauf hinweisen, dass eine Kulturveränderung Zeit braucht!
Man sagt:

  • Eine Strategie ändert sich in 100 Tagen,
  • eine Struktur braucht ein Jahr
  • und eine Kultur zu verändern dauert 5 Jahre.

Das sind natürlich nur über den Daumen gepeilte Zeiten. Eine Kulturveränderung kann auch 10 Jahre dauern; wenn man viel Kulturarbeit macht, kriegt man einen Kulturwandel vielleicht auch schon in 2 Jahren hin. – Wie auch immer, die Botschaft ist: Kulturveränderung braucht Zeit.

 

Vorbild Im Umgang Mit Fehlern

 

Tipp 1.
Seien Sie Vorbild im Umgang mit Fehlern!

Loben Sie den offenen Umgang mit Fehlern!

Als Führungskraft sind Sie maßgeblich an der Gestaltung der Unternehmenskultur beteiligt. Und natürlich beinhaltet das auch den Umgang mit Fehlern. Die Art und Weise wie Sie als Führungskraft auf Ausprobieren und Misserfolge reagieren ist wegweisend! Gehen Sie freundlich und wertschätzend damit um, wenn jemand einen Fehler gemacht hat oder ein Experiment gescheitert ist! Natürlich sollte der Fehler in dieser Form nicht mehr passieren – es soll daraus gelernt werden.

Benennen Sie eigene Fehler!

Auch Führungskräfte sollten über ihre Misserfolge sprechen. Seien Sie also offen, was Ihre Fehler und Fauxpas angeht. Gehen Sie mutig voran. Wenn Sie von anderen erwarten, dass sie ihre Misserfolge offenbaren, dann seien Sie der Erste – und zeigen Sie, dass das nicht schlimm ist!
Angenehme Nebenwirkung: Es wurde nachgewiesen, dass Menschen, die eigene Fehler zugeben können souveräner wirken.

Zeigen Sie, das Sie fehlbar sind!

Neulich äußerte eine Führungskraft: „Ich bin ja nicht als Führungskraft auf die Welt gekommen und ich bin auch manchmal unsicher, ob ich denn alles richtig mache. Es wäre toll, wenn Ihr mir offenes Feedback dazu geben würdet! Ich möchte auch lernen und besser werden.“ Diese Haltung ist ein gutes Beispiel für eine positive Fehlerkultur.

 

Feedback Geben

 

Tipp 2.
Üben Sie sich in Feedback geben – und nehmen!

Feedback geben

Der eine ist freundlich, zurückhaltend – würde gerne mitteilen, was er verbesserungswürdig findet, doch wird überhört. Der andere ist eher der markige Typ, ist stolz darauf kein Blatt vor den Mund zu nehmen – und haut den Kollegen jeden Gedanken um die Ohren. Er ist verwundert, dass es öfter Ärger gibt, aber sich die Dinge nicht wirklich verändern.
Beide führen Edles im Schilde: Sie wollen etwas verbessern, sie haben sich Gedanken gemacht und wollen diese teilen.
Allein: Die Art wie sie ihr Feedback rüber bringen zeitigt nicht den gewünschten Effekt. Zu schade aber auch!

Leider kriegen wir es in der Schule nicht beigebracht, wie wir wertschätzend reagieren können, wenn wir Dinge für verbesserungswürdig halten. Doch es gibt durchaus Gesprächsstrategien, die es Ihnen einfacher machen Feedback zu geben und die Ihr Gegenüber einladen selbiges auch anzunehmen.

Feedback nehmen

Nicht nur der Feedbackgebende ist gefragt; nein, auch der Angesprochene ist aufgefordert das Feedback wertschätzend entgegenzunehmen. Das ist auch nicht immer leicht. Wie schnell fangen wir an uns zu rechtfertigen, Gegenargumente zu bringen oder zu blockieren. Das allerdings signalisiert dem Feedbackgebenden, dass Sie sein Feedback nicht annehmen. Also hören Sie erstmal einfach nur zu.

Wir haben dazu einen sehr ausführlichen Artikel geschrieben bei dem keine Fragen offen bleiben dürften: Feedback geben: 10 Regeln für erfolgreiches & konstruktives Feedback

 

„Ein Genie macht keine Fehler. Seine Irrtümer sind Tore zu neuen Entdeckungen.“
James Joyce

 

Tipp 3.
Bleiben Sie offen!

Signalisieren Sie Ihren Mitarbeitern, dass sie Sie ansprechen können, wenn ein Fehler, Misserfolg oder Unerwartetes geschieht. Ihre Mitarbeiter wissen dann, dass Sie nichts vertuschen müssen, sondern mit Ihrem Beistand rechnen können und Sie bleiben informiert. Auch hier: Sprechen Sie zunächst von eigenen Fehlern. Das zeigt Ihren Mitarbeitern, dass Sie keine Perfektion erwarten und ist vertrauensbildend.

 

Feedback Alltag

Tipp 4.
Sorgen Sie dafür, dass Feedback alltäglich wird!

Regelmäßig besprechen statt jüngstes Gericht

Wenn es ganz normal ist regelmäßig zu einem festgelegten Zeitpunkt über den Stand eines Projektes zu sprechen, dann gehört das Feedback-geben irgendwann zum Alltag. Je öfter wir Feedback geben und nehmen, desto besser kommen wir damit zurecht.
In den meisten agilen Methoden gibt es deshalb regelmäßige Feedbackschleifen, so dass jeder die Gelegenheit hat in kurzen Abständen seine Verbesserungsvorschläge einzubringen.

Die Retrospektive

In diesem Zusammenhang möchten wir Ihnen die sogenannte Retrospektive ans Herz legen. Die Retrospektive ist eine Technik aus Scrum, die auch funktioniert, wenn man ansonsten nicht auf agile Tools zurückgreift. Regelmäßig trifft sich das gesamte Team für 1 – 3 Stunden, um moderiert über das laufende Projekt und die Art der Zusammenarbeit zu sprechen. Die Moderation kann zum Beispiel reihum von Teammitgliedern gemacht werden. Wie genau es funktioniert lesen Sie in unserem Artikel: Die Scrum Retrospektive – Erklärung und Praxis

 

Unsere Fehlschläge sind oft erfolgreicher als unsere Erfolge.

Henry Ford

 

Erfahrungen mit der Scrum Retrospektive

Viele Teams haben uns erzählt, wie es war als sie Retrospektiven gestartet haben: Am Anfang lief es ziemlich holprig! Die Teilnehmer hatten Sorge, Fehler vorgeworfen zu bekommen, harsch kritisiert zu werden oder selbst jemandem auf den Fuß zu treten. Aber jedes Mal, wenn eine Retrospektive lief, ging es den Teilnehmenden damit besser. Es leuchtete allen ein, dass es wichtig und hilfreich ist über die Dinge zu sprechen, die noch nicht optimal laufen. Die gefürchtete Schelte á la „Du hast einen Fehler gemacht!“ blieb aus und eine konstruktive Atmosphäre machte sich breit. Es fing an sogar Spaß zu machen offen miteinander umzugehen und voneinander zu lernen. Die Frage „Wo können wir gemeinsam etwas besser machen?“ motivierte die Mitarbeiter und wurde als Chance genutzt noch besser, noch schneller, noch effizienter zu werden.

Inhalte, die regelmäßig besprochen werden sollten:

  • Haben wir erreicht, was wir uns in der vergangenen Phase vorgenommen haben? Wenn nicht, warum?
  • Sind wir in Bezug auf Zeit, Kosten, Arbeitsleistung im gesetzten Rahmen geblieben? Wenn nicht, warum?
  • Was hat gut funktioniert? Was nicht?
  • Wie können wir das optimieren, was noch nicht läuft?

 

Ausprobieren Muss Nicht Perfekt Sein

 

Tipp 5.
Ausprobieren muss keine perfekten Ergebnisse bringen! Das 80:20 Prinzip

Weniger ist mehr

Es gibt eine Fülle von Entscheidungen im Unternehmen, bei denen sich die Frage stellt: Sollen wir das machen oder nicht?
Um die Kultur des Ausprobierens und den konstruktiven Umgang mit Fehlern zu etablieren, sollten die Entscheidungen vermehrt in die Richtung gehen: „Hey, wir probieren es einfach mal aus. Wir wissen nicht, ob es funktioniert, wir können nicht sicher sein, aber: wir probieren es einfach mal aus.“ Beim Ausprobieren geht es nicht darum, eine komplett ausgefeilte Lösung umzusetzen! Das Ausprobieren könnte ein Prototyp sein, eine noch nicht ausgearbeitete Lösung, die einem aber die Richtung für die nächsten Schritte weist. Bei einem Kunden von uns, nennen sie solche Lösung: „Skateboard“ – im Sinne von: Preiswerte Variante, mit der man schon einmal losfahren kann, auch wenn man noch kein Auto oder Flugzeug zur Verfügung hat.
Und sollte sich herausstellen, dass die Idee nicht tragfähig ist – dann weg damit! Es hat schliesslich auch nicht viel gekostet.

 

Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.

Bertolt Brecht

 

Das 80:20 Prinzip

Vielleicht kennen Sie das 80:20 Prinzip, auch Pareto Prinzip genannt? Es geht davon aus, dass die letzten 20% an Perfektion unglaublich teuer sind. Das bedeutet keinesfalls, dass 80% immer genügen; manchmal braucht es auch die vollen 100. Nichtsdestotrotz sollten Sie beim Ausprobieren darauf achten, ob ein bisschen weniger auch gut tut. Wenn wir stets nach Perfektion trachten, verlangsamen wir uns ungemein.

Definition of done

Im agilen Arbeiten legt das Team gemeinsam die „Definition of done“ fest: Wieviel Perfektion ist eigentlich hier gefragt? Was bedeutet für uns „done“? Wann sind wir fertig?
– Und das muss eben nicht die 100%-Variante sein. Deshalb wird eine gezielte Diskussion angeregt, wie viel notwendig ist, um an dieser Stelle ausreichend, gut genug zu sein.

Transparenz Information

 

Tipp 6.
Sorgen Sie für Transparenz!

Weiter oben haben haben wir die Ergebnisse mehrerer Studien thematisiert. Angst ist ein Faktor, der uns Fehler unter den Tisch kehren lässt. Deshalb ist es gut, möglicher Angst mit Sicherheit zu begegnen. Sorgen Sie dafür, dass transparent mit Fehlern verfahren wird und betreffende Informationen für alle zugänglich sind.

Was genau passiert bei einem Fehler?

Wenn Sie nicht genau absehen können, welche Folgen Ihr Handeln haben wird, dann sind Sie vermutlich zunächst zurückhaltend. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter also wissen, wie in Ihrem Unternehmen verfahren wird, wenn ein Fehler oder ein Fehlversuch auftritt. Je klarer der Prozess, desto besser. Klären Sie, wer Ansprechpartner ist und erklären Sie, welche Schritte folgen. So wissen Ihre Mitarbeiter wo sie dran sind und müssen kein Donnerwetter befürchten.

Geben Sie die Gelegenheit aus den Fehlern der anderen zu lernen!

Auch ist es wichtig, dass die Mitarbeiter genau sehen können, wie mit bisherigen Fehlern verfahren wurde. Zum einen stärkt dies das Vertrauen der Mitarbeiter in den positiven Umgang mit Fehlern. Zum anderen gibt es allen Mitarbeitern die Möglichkeit aus gemachten Fehlern zu lernen. So haben alle den gleichen Stand – und es muss nicht jeder jeden Fehler wiederholen.

Fehler müssen auch seitens der Mitarbeiter transparent gemacht werden!

Es sollte allen in Ihrem Unternehmen klar sein, dass auf Fehlversuche keine Strafe folgt, sondern Verbesserung. Insofern sollten Fehler keinesfalls vertuscht werden; bieten sie doch eine Chance zu Wachstum, lernen und Verbesserung. Keynote Speaker Peter Brandl, den wir bereits weiter oben zitiert haben, vertritt sogar die Haltung, dass das Verheimlichen von Fehlern sanktioniert werden sollte.

Fehler Analysieren

 

Tipp 7.
Analysieren Sie Fehler sachlich!

Ein Fehler ist unterlaufen, ein Versuch ging schief – was tun? Nun geht es darum, ohne Schuldzuweisungen herauszufinden, wie ein Fehler entstehen konnte und welche Verbesserung es braucht, damit dieser nicht wieder geschieht. Sachlichkeit ist hier Trumpf! Fühlen sich Ihre Mitarbeiter angegangen, dann werden sie Ihre Fehler fürderhin nicht mehr so gerne zugeben.
Diese drei Fragen sollten auftauchen:

  1. Was genau ist schief gelaufen?
  2. Woran lag es? Wie konnte der Fehler entstehen?
  3. Wie kann das verbessert werden?

 

„Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.“

Konfuzius

 

Tipp 8.
Sorgen Sie für Veränderung!

Stellen Sie sich vor, Sie sind Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen. Ihnen ist aufgefallen, dass in einem Prozess etwas nicht rund läuft. Sie haben das mitgeteilt, es wurde ausführlich besprochen, es hieß, man habe daraus gelernt. Wunderbar.
Allein: Es passiert nichts. Alles bleibt beim Alten. Es findet keine Veränderung statt. Und das ist nicht das erste Mal.
Nicht sonderlich motivierend, oder? Wie oft werden Sie noch Fehler melden? Vermutlich haben Sie irgendwann keine Lust mehr – es bringt ja eh nichts.
Sie lesen es sicher zwischen den Zeilen: Sorgen Sie dafür, dass auch tatsächlich Veränderung passiert, wenn Fehler gefunden wurden!

Fehler Event Feiern

 

Tipp 9.
Feiern Sie Fehler!

Fehler zugeben ist eine Sache – Fehler feiern eine andere. Es ist sinnvoll Fehlern ein Event einzuräumen, sie salonfähig zu machen. Das holt sie aus der Schmuddelecke und signalisiert Ihren Mitarbeitern, dass es völlig okay und teilweise sogar cool ist, seine Fehlschläge offen zu legen.

Fuck Up Nights

Der Vollständigkeit halber wollen wir hier ein Phänomen beschreiben, das in der agilen Szene verbreitet ist: sogenannte Fuck-Up-Nights. Das Ziel dieser Abende ist, dass jeder von seinen Misserfolgen erzählt, damit alle daraus lernen können. Die Atmosphäre ist positiv – Menschen werden dafür gefeiert, dass sie ihre Erfahrung des Scheiterns teilen. Unternehmensübergreifende Fuck Up Nights haben sich etabliert. Oft erzählen Start-Up-Gründer von vorherigen, mißlungenen Gründungen.

Lernrunden

Eine sinnvolle Entsprechung im Unternehmen sind sogenannte Lernrunden. Mitarbeiter aus dem gesamten Unternehmen setzen sich Silo-übergreifend zusammen und besprechen die Themen, aus denen sie miteinander lernen können. Und natürlich wird auch über Dinge gesprochen, die schief gelaufen sind. So wird es immer „normaler“ Fehler und Fehlschläge zu thematisieren.

Lernrunde

 

Fazit

Akzeptieren Sie Ihre eigenen Fehler und Lernprozesse!!
Was wir Ihnen als Führungskraft noch mit auf den Weg geben wollen:

  • Haben Sie Geduld mit sich!
  • Probieren Sie aus!
  • Es wird nicht alles, was Sie in der Führung umsetzen wollen auf Anhieb klappen. Sie werden auch scheitern. Ärgern Sie sich nicht; lernen Sie daraus!
  • Probieren Sie aus, die Kultur in Ihrem Unternehmen zu verändern! Denken Sie daran – es braucht seine Zeit.
  • Sie brauchen nicht perfekt sein.
  • Wenn Sie bemerken, dass Sie in ein altes Muster zurückgefallen sind, dann sprechen Sie das offen an. Zum Beispiel:
    „Ich habe gemerkt, hier ging meine Perfektion wieder mit mir durch. Ich habe hier auf eine Weise reagiert, die war nicht in Ordnung. Ich entschuldige mich dafür.“ – Auch das etabliert eine konstruktive Fehlerkultur!

 

Eigene Fehler Akzeptieren

 

Hintergründe und weiterführende Lektüre

Sie haben Lust noch ein wenig tiefer in die Themen Fehlerkultur und Fehlermanagement einzutauchen? Wunderbar! – Wir haben Ihnen hier Artikel aufgelistet, die sich mit diesen oder artverwandten Themen befassen.

Weiters haben wir die Studien aufgeführt, die im Beitrag thematisiert wurden – und noch ein paar Artikel oder Interviews beigefügt. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!

 

Artikel des berliner team

 

Studien Zu Fehlerkultur

 

 

Studien und Zeitungsartikel zum Thema Fehlerkultur

 

Studie Fehlerkultur im internationalen Vergleich

Hintergründe zur Studie Fehlerkultur im internationalen Vergleich von Prof. Fese, Leuphana Universität Lüneburg

  • Spannendes Interview Interview mit Prof Michael Frese zu den Themen Fehlervermeidungskultur, Fehler und Innovationenusw in der Report Psychologie (ISSN 0344-9602), der Fach- und Verbandszeitschrift des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V: Fehler sind nicht falsch
  • Link zu Michael Frese an der Leuphana Universität

 

Studie von EY

Hintergründe zur Studie von EY (früher: Ernst & Young)
Mehr als 1.000 Führungskräfte und Mitarbeiter aus deutschen Firmen wurden befragt. Davon waren 800 Angestellte und 218 Führungskräfte aus den Branchen Maschinenbau, Transport und Logistik, Automobilhersteller und -zulieferer sowie Banken und Versicherungen. Die Studie wurde im Jahr 2018 online durchgeführt.

 

Studie So arbeitet Deutschland-Trendstudie

Unsere Angaben stammen aus der vierten Ausgabe der So arbeitet Deutschland-Trendstudie. Der Personalberater SThree befragt regelmäßig deutschlandweit mehr als 1.000 Angestellte, Freelancer, Berufseinsteiger, Fach- und Führungskräfte und bildet einen Realitäts- und Wunschabgleich der deutschen Arbeitswelt ab. Ein Blick auf die Seite lohnt sich: So arbeitet Deutschland

 

Studie Frequency and causes of defensive decisions in public administration

Das Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung befragte 950 Führungskräfte einer öffentlichen Einrichtung. Originalstudie: Artinger, F. M., Artinger, S., & Gigerenzer, G. (2019). C. Y. A.: Frequency and causes of defensive decisions in public administration. Business Research, 12(1), 9–25.

 

Gallup Engagement Index 2019

Für den Gallup Engagement Index werden jährlich volljährige Arbeitnehmer interviewt. Unsere Angaben beziehen sich auf den Gallup Engagement Index 2019 für den zwischen dem 15. Februar und dem 15. März 1000 Arbeitnehmer befragt wurden. Gallup gibt an, dass die Ergebnisse für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland repräsentativ seien.

 

Analyse von Fehlerkulturen

Interessant finden wir auch die Arbeit dieser Wissenschaftler, die sich mit der Analyse von Fehlerkulturen befassen. Im deutschsprachigen Raum sind das u. a.

 

Zeit Artikel zu Fuck Up Nights

Die Autorinnen

Kassandra Knebel
Susanne Grätsch
Berliner Team