Das Drama-Dreieck und seine destruktiven Dynamiken
Konflikte eskalieren meist nach dem selben Stickmuster: dem Drama-Dreieck. Was dann geschieht -und wie Sie das verhindern können zeigen wir in diesem und im nächsten Beitrag zum Thema Konfliktmanagement.
Wer kennt das nicht?
Ein Konflikt weitet sich zum Drama aus: Die Beteiligten lassen die Sachebene hinter sich – und am Ende gibt es Frust und lange Gesichter statt Verständnis und Lösungen. Sicher hast du dich auch schon einmal gefragt, was du in einem solchen Konflikt anders machen könntest, um eine Lösung zu finden, oder was du tun könntest, damit du verstanden wirst. Doch Kommunikation wird schnell zu einem Minenfeld, denn was du in einem kritischen Moment auch sagst, meist wird es alles nur noch schlimmer…

10 hilfreiche Tipps für dich als Führungskraft im Umgang mit Konflikten im Team findest du in unserem Whitepaper
„Konfliktmanagement für Führungskräfte“
Hier gehts zum Download:
Ein Beispiel, dass du vielleicht schon so erlebt hast:
In deinem Unternehmen ist etwas schief gelaufen: Um deine Arbeit machen zu können, hättest du Daten von Mitarbeiter X gebraucht. Aber X hat die Daten nicht geliefert. Dadurch hast du Schwierigkeiten bekommen, kannst jedoch nichts dafür. Du ärgerst dich, denn offensichtlich hat X seine Arbeit nicht richtig erledigt. Du sprichst diesen Missstand offen aus, adressierst den verantwortlichen Mitarbeiter X und machst keinen Hehl daraus, dass du verstimmt bist. Der Angesprochene ist zerknirscht und versucht sein Handeln zu rechtfertigen. Und schon ist seine Büro-Nachbarin zur Stelle, springt in die Bresche, verteidigt ihren Kollegen und gibt dir das Gefühl, dass du es bist, die etwas falsch macht. Dabei hast du doch recht, oder?
Hier sind destruktive Kommunikationsmuster am Werk, mit denen wir uns alle schon einmal abgekämpft haben.
Gute Nachrichten: Du hast die Chance aus einem solchen Kommunikations-Fiasko auszusteigen. Dafür ist es zunächst nötig, einen Blick auf die Struktur solcher Konflikte zu werfen. Eine klassische Konflikt-Struktur zeigt uns das Drama-Dreieck auf.
>> Lese hier:
7 Erfolgsfaktoren eines Cultural Change
Wie werden aus Konflikten Dramen? – Das Drama-Dreieck
Es gibt Kommunikationsmuster, die sich in den verschiedensten Kontexten auf ähnliche Art abspielen. Stephen Karpman M.D. erkannte diese Interaktions- Systematik und nannte sie Drama-Triangle zu deutsch Drama-Dreieck. Zur Klärung von unproduktiven Kommunikationsabläufen in Konflikten leistet das Drama-Dreieck wertvolle Dienste. Es ist ein hilfreiches Instrument, um ein relativ überschaubares Kommunikationsmuster zu erkennen und darzustellen.
1968 brachte Karpman einen Artikel heraus in dem er Rollen in Märchen, Geschichten und Dramen analysierte. Diese Rollen-Muster sind die Grundlage des Drama-Dreiecks. Er fand drei Rollen innerhalb von Konflikten, die er Verfolger, Opfer und Retter nannte. Um mit anderen in Beziehung zu treten, besetzt jede der beteiligten Personen – wie in einem Drama – eine der drei Rollen, die sie während des Konfliktverlaufs wechseln kann. Karpmans Theorie wurde ausgezeichnet und ist mittlerweile eine wichtige Grundlage in der Transaktionsanalyse, einem Zweig der humanistischen Psychologie.
Auch in unserem täglichen Unternehmensalltag kommen diese drei Rollen häufig vor, wechseln erstaunlich schnell die Plätze und führen zu angespannter Stimmung und schwelenden oder auch ausbrechenden Konflikten. Immer wenn eine dieser Rollen auftaucht, zieht sie die anderen notgedrungen nach sich. Drama-Stimmung ist die Folge. Kennst du das aus deinem Alltag?
Du brauchst Unterstützung im Umgang mit Konflikten im Team?
Kostenloses Erstgespräch anfragenDie drei Rollen des Drama-Dreiecks

– Der Verfolger
Der Verfolger kritisiert und weist Schuld zu. Dies wird oft als Angriff wahrgenommen. Der Verfolger ist sich sicher recht zu haben. Die Haltung ist eine bewertende, krisierende. Oft frustriert ihn etwas. Er kommt von oben herab rüber und provoziert dadurch Druck und eine defensive Haltung beim Gegenüber.

Erinnere dich an unser Beispiel eingangs: In Ihrem Unternehmen ist etwas schief gegangen, das war frustrierend für dich. Du gehst den mutmaßlich „Schuldigen“ dafür an. In dieser Beispiel-Situation hast du die Verfolger-Rolle eingenommen. Der innere Monolog – also unbewußte oder halb-bewußte Gedanken sind typischerweise „Du bist schuld. Du hast es nicht genug versucht“, „Du hast unrecht, ich habe recht. Du solltest tun, was ich sage“ – die Schuldzuweisung kann sich allerdings auch gegen die eigene Person richten: „Ich habe es für uns alle versaut.“
– Das Opfer
Das Opfer fühlt sich hilflos in einer für es selbst unangenehmen Situation. Es leidet, jammert, aber tut letztlich nichts, um sich daraus zu befreien.

Stell dir vor: Du fühlst dich machtlos, verzweifelt, weil zu unrecht kritisiert oder findest, dass du ohne Verschulden in eine unangenehme Situation geraten bist. Vielleicht bist du auch der Meinung, etwas nicht zu können oder sogar in einer hoffnungslosen Situation zu sein. Hier sind typische Gedanken: „ Warum passiert mir das immer wieder?“, „Warum geht die so mit mir um?“, „Die machen mit mir, was sie wollen.“, „Dafür kann ich aber doch nichts.“, „ Ich bin nicht gut genug.“ Oft bringt das Opfer Leute dazu, ihm zu helfen; oft sucht es einen Retter, ist es bedürftig und leidet offen und für alle sichtbar.
– Der Retter
Der Retter greift helfend und parteiisch in die Konflikte anderer ein. Dabei ist er auf Seiten des Opfers und eskaliert so den Konflikt.

Er macht das Problem des Opfers zu seinem eigenen. Dabei hat er gute Absichten, kümmert sich um andere und ist bereit zu helfen – und das durchaus auch in größerem Umfang als die Geholfenen überhaupt wollen. Dabei verliert er gerne mal die eigenen Probleme, das eigene Leben aus den Augen. Jemand hat deinen Kollegen kritisiert? „Na, da muß man doch etwas tun!“- Du setzt dich für ihn ein. – Meist bekämpft der Retter allerdings eher das Symptom und bietet nicht Hilfe zur Selbsthilfe. Du hast ein Computer-Problem? Der Retter wird eher sagen: „Lass mal – ich mach das schon!“. Dann wird er das Problem beseitigen, statt dir beizubringen, wie du dir selber helfen kannst. Innerer Monolog ist hier: „Die arme Person – ich helfe ihr.“, „Wenn die Person machen würde, was ich sage – dann wäre sie glücklich.“ Der Retter fühlt sich stark, hält aber das Opfer in der „kleinen“ Rolle.
Retter und Opfer zusammen mutieren zum nächsten Verfolger und verfolgen den vormaligen Verfolger, der zum Opfer wird. So wird die Drama-Dynamik angeheizt, das Karussel dreht sich munter weiter.
>> Lesen Sie hier:
Wie Sie Konflikte schnell lösen – die 8 Schritte der Konfliktspirale
Wie wirkt sich die Drama-Dynamik auf Konflikte aus?
Das Drama-Dreieck wird graphisch als ein auf dem Kopf stehendes Dreieck dargestellt. Unten ist das Opfer, das sich in einer unterlegenen Position wähnt; oben sind Verfolger und Retter, die sich jeweils überlegen fühlen. Retter und Verfolger bestätigen die Opfer-Rolle – und umgekehrt: So attestiert beispielsweise der Retter die ausweglose Situation und Unschuld des Opfers und das Opfer den Edelmut und die Kompetenz des Retters. Auf diese Weise bestätigen wir unsere Glaubenssätze und die der anderen.
Zwar gibt es jeweils eine Rolle mit der wir immer wieder bevorzugt ins Drama-Dreieck einsteigen, doch wenn die Dynamik Fahrt aufnimmt werden die Rollen oft sehr schnell gewechselt.
Ein Beispiel:
Ein Team von Servicemitarbeitern fühlt sich von ihrem Teamleiter schlecht behandelt, der oft mürrisch und launisch reagiert. Aus dieser Opferrolle heraus wenden sich die Kollegen während des Urlaubs ihres Chefs an den nächst höheren Vorgesetzten, dem sie erzählen, wie demotivierend der Teamleiter sei und wie schlecht er für die Arbeitsmoral im Team sorge. Der als Retter angesprochene Abteilungsleiter übernimmt diese Rolle gerne und verspricht, die Sache für die Mitarbeiter zu klären. Als der Teamleiter aus dem Urlaub kommt, muss er bei seinem Vorgesetzten antreten und erhält erst einmal eine Standpauke. (Der Abteilungsleiter ist jetzt zum Verfolger geworden.) Der Teamleiter fühlt sich von seinem Team hintergangen, ist gekränkt und verletzt in der Opferrolle. Bei nächster Gelegenheit vertraut er sich einem Kollegen an (als Retter), der auch schon mal ein Thema mit diesem Abteilungsleiter hatte. Gemeinsam bestätigen sie sich in der Haltung, dass dieser Chef gar nicht ginge.

>> Lesen Sie hier:
Wie aus einer Gruppe ein Team wird: Die 5 Phasen der Teamentwicklung
Sie sehen – die Drama-Dynamik ist in vollem Gange.
Im Grunde versucht jeder zu beweisen, dass er das größte Opfer ist, dass ihm also Unrecht geschieht. Meist lassen sich die „Mitspieler“ im Dramadreieck nicht davon überzeugen, dass dem anderen die größere Ungerechtigkeit widerfährt als ihnen selbst. Am Ende fühlt sich jeder selbst als Opfer der Situation: frustriert und hilflos.
Das alles mag uns völlig normal erscheinen, denn diese Art von Dynamik ist eine häufige. Jedoch sind diese Dynamiken vom Wesen her destruktiv. Wenn eine dieser Rollen auftaucht, entwickelt sie eine Sogwirkung. Fast automatisch tendieren andere Beteiligte dazu, die nächsten Rollen im Spiel einzunehmen. Mit jeder neuen Umdrehung wird der Konflikt schärfer und schwerer zu lösen.
Es gibt also genug Gründe aus dem Drama-Dreieck auszusteigen.
In unserem nächsten Blog-Beitrag geben wir dir praktische Tips, wie du aus einer Drama-Dynamik aussteigen kannst.
>> Lese hier:
In´s Netz gegangen.
Hier haben wir ein paar relevante Links für Sie:
- Ein kurzes Video in Englischer Sprache: Understanding the Drama Traingle
- Der Original-Artikel zum Drama-Dreieck zum Download: Stephen Karpman, „Fairy tale and script drama analysis“
Du brauchst Unterstützung im Umgang mit Konflikten im Team?
Kostenloses Erstgespräch anfragen